Praxisberichte aus dem Landesprojekt

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Frau Larissa Teichmann

Prokuristin der Schoder GmbH & betriebliche Praktikumsbetreuerin

 

Würden Sie Ihren Betrieb kurz vorstellen?

Die Schoder GmbH ist ein Metallverarbeiter, der 1924 von meinem Urgroßvater gegründet wurde. Wir haben damals mit der Industriegravur angefangen und über die Jahre kamen weitere Arbeitsbereiche dazu, sodass wir heute neben der Industriegravur auch die CNC-Frästechnik, Feinblechbearbeitung, Sieb- und Digitaldruck sowie die Erodiertechnik inklusive dem Werkzeugbau anbieten. Es kommen noch Schweißen und Biegemaschinen für die Nacharbeit dazu. Dadurch bilden wir ein sehr breites Spektrum ab. Wir möchten unseren Kundinnen und Kunden das Gesamtpaket anbieten und möglichst viel im Haus fertigen.Die Geschäftsleitung der Schoder GmbH liegt in den Händen meiner Mutter, Frau Kirsten Schoder-Steinmüller. Ich bin seit 2016 im Unternehmen und seit 2018 Prokuristin.

 

Seit wann sind Sie Kooperationspartner von Wirtschaft integriert und wie ist es dazu gekommen?

Wir sind seit diesem Jahr durch die Teilnahme von Herrn Tahir Kooperationspartner von Wirtschaft integriert geworden. Letztes Jahr im Herbst habe ich dazu einen Anruf bekommen und der Kooperation zugestimmt. In der Vergangenheit hatten wir bereits mit verschiedenen Organisationen gute Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten gemacht.

 

Welchen Nutzen bietet eine Einstiegsqualifizierung Ihrer Ansicht nach?

Hinsichtlich der Einstiegsqualifizierungist es für beide Seiten von Vorteil, dass sich der Betrieb und die Teilnehmenden bereits ein halbes bis ganzes Jahr kennenlernen können. Auf der einen Seite können wir so die persönlichen Stärken und Schwächen der Teilnehmenden einschätzen und wissen dadurch, wie wir die Person bestmöglich in der Ausbildung unterstützen können. Auf der anderen Seite können die Teilnehmenden das Berufsfeld besser kennenlernen und abwägen, ob es der Weg ist, den sie einschlagen möchten. Insbesondere können sie diesen Zeitraum auch zum Erlernen der Fachsprache und des Umgangs mit den Maschinen nutzen. So können sie zunächst an die verschiedenen handwerklichen Tätigkeiten herangeführt werden - anders als bei der Ausbildung, welche eher technisch ausgelegt und prüfungsorientiert ist. Dadurch kann ein besserer Einblick in die betrieblichen Abläufe und damit ein fließender Übergang in die Ausbildung gewährleistet werden.

 

Warum bieten Sie keine reguläre EQ, sondern die EQplus an?

In Hinblick auf den Betrieb und eine später funktionierende Ausbildung ist die EQplus in unserem Fall deutlich sinnvoller. Durch den Stütz- und Förderunterricht kann noch spezifischer auf die Bedürfnisse der Teilnehmenden eingegangen werden, als an der Berufsschule. Auch der Fachunterricht, wie bspw. Werkzeugkunde bereitet die Teilnehmenden gut auf die Ausbildung vor. Außerdem glaube ich, dass die Fachsprache in Verbindung mit der Arbeit im Betrieb besser vermittelt werden kann als nur über eine rein schulische Abdeckung. Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle auch noch die sozialpädagogische Betreuung, welche für uns sehr wichtig ist, weil wir diese als Betrieb so nicht leisten könnten. Das Kennenlernen der Werten und Normen in Alltag und Berufswelt oder des deutschen Ausbildungssystems ist für eine gute Zusammenarbeit aber unerlässlich. Wir bilden für den Eigenbedarf aus – Wir möchten die Auszubildenden übernehmen. Das ist für uns die Hauptmotivation auszubilden und dabei hilft uns die EQplus.

 

Für welche Personen sehen Sie eine EQplus als sinnvoll an?

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass viele Geflüchtete und andere Menschen mit Sprachförderbedarf prinzipiell bereits eine Ausbildung beginnen könnten, aber hinsichtlich der Fachsprache noch Defizite aufweisen. Nichtsdestotrotz sollten die Teilnehmenden aber schon über sehr gute Grundkenntnisse der deutschen Sprache verfügen, sodass man sich mit ihnen verständigen kann. Die Teilnehmenden profitieren in der EQplus besonders von der gleichzeitigen Förderung fachlicher wie sprachlicher Kompetenzen.

 

Was ist für Sie in der Begleitung durch das Projekt Wirtschaft integriert besonders wichtig?

Es ist immer gut für uns, eine außenstehende Ansprechperson zu haben, an die wir uns mit Fragen wenden können und die in bestimmten Situationen vermitteln kann. Das BWHW wirkt dabei als externe Ansprechperson bzw. vermittelnde Instanz zwischen Betrieb und Teilnehmendem, sollte einmal Unterstützung notwendig werden. Wir haben mit Herrn Tahir allerdings großes Glück, einen so fleißigen und zuverlässigen Teilnehmer zu haben. Darüber hinaus hat uns das BWHW auch im Vorfeld beim Bewerbungsprozess unterstützt, sodass wir selbst nur einen sehr geringen Aufwand hatten. Besonders hilfreich sind für uns auch die Wertevermittlung und das Näherbringen des deutschen Ausbildungssystems im Begleitangebot der EQplus.

 

Wie werden Sie vom BWHW auch in Zeiten von Corona unterstützt?

Natürlich gelten auch für uns strenge Corona-Regelungen, aber in unserem Berufsfeld müssen wir immer vor Ort sein – wir haben die Maschinen nur hier und die kann niemand mit ins Homeoffice nehmen. Da wir trotzdem weiter agieren konnten, haben wir im Umkehrschluss   keine gesonderten Maßnahmen benötigt. Für uns war schon immer der telefonische Kontakt mit den pädagogischen Mitarbeitenden am sinnvollsten. Man muss eben wissen, an wen man sich wenden kann und das wissen wir mit unserem Ansprechpartner. Das ist für uns eine sehr komfortable Situation, weil wir wissen, wenn es mal eine herausfordernde Situation gäbe, könnten wir uns direkt an unseren Ansprechpartner wenden und alles nähme seinen Lauf.

 

Welche Potentiale sehen Sie in Ihrem aktuellen EQ-Teilnehmer? Warum hat er nicht direkt eine Ausbildung begonnen, sondern macht vorher noch eine EQplus?

Wenn Herr Tahir das möchte, würden wir ihn später gerne in Ausbildung übernehmen. Herr Tahir ist extrem fleißig und führt seine Berichtshefte wirklich super ordnungsgemäß. Er spricht auch schon sehr gut Deutsch und man kann sich gut mit ihm verständigen. Die Fachsprache muss er sich aber natürlich noch aneignen. Selbstverständlich müssen Muttersprachler diese genauso erlernen, aber die müssen sich nicht auch noch über die Satzzeichen und den Satzbau Gedanken machen. Auch der spätere Fachunterricht in der Berufsschule während der Ausbildung, welcher auf Deutsch stattfindet, ist für zugewanderte Auszubildende wie Herrn Tahir herausfordernder. Sie müssen in der Lage sein, die fachlichen Inhalte aufzunehmen und gleichzeitig dem Unterricht auch sprachlich zu folgen. Die sprachsensible Aufbereitung des Fachunterrichts und Vorbereitung auf die Berufsschulanforderungen während der Ausbildung bei Wirtschaft integriert nehmen daher einen großen Stellenwert ein.