Zusammenarbeit vor Ort

zurück

Im Rahmen von Wirtschaft integriert finden an einigen Standorten regelmäßig Netzwerktreffen statt, um einen direkten Austausch unter den Netzwerkpartner/-innen zu ermöglichen, über Neuigkeiten an den Standorten zu informieren und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu diskutieren. Im Interview mit unserem Projekt-Koordinator für die Region Südhessen, Dogan Yilmaz, sprechen wir über Aufgaben und Chancen der Netzwerkarbeit vor Ort.

Dogan Yilmaz, Projektkoordinator für die Region Südhessen

Hinter dem großen Begriff „Netzwerkarbeit“ stehen viele mögliche Interpretationen und Bedeutungen. Was bedeutet das für Sie in Südhessen in der praktischen Umsetzung?

Für mich gibt es drei wichtige Aspekte. Der erste Aspekt ist, dass wir mit den Kooperationspartnern und Akteur/innen in diesem Umfeld, wo wir unsere Teilnehmenden finden, im Austausch sind - bei Wirtschaft integriert natürlich insbesondere mit Akteuren wie Jobcentern, Agenturen für Arbeit, Kammern, Berufsschulen, Ausländerbehörden, Netzwerken im Bereich Flüchtlingshilfe, mit Ehrenamtlichen und vielen anderen.

Der zweite Aspekt ist, unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, sodass der Zugang zu unserem Angebot einfacher wird. Unsere Zielgruppe sind Menschen mit Sprachförderbedarf: Das können z.B. Jugendliche aus der EU bis hin zu neu angekommenen geflüchteten Menschen sein. In allen Netzwerken, in denen sich unsere Zielgruppe bewegt, müssen wir unser Angebot bekannt machen, damit sie wissen: Wenn Sie Hilfe benötigen, dann gibt es die Möglichkeit, diese bei uns [Wirtschaft integriert] in Anspruch zu nehmen.

Der dritte Aspekt ist die Information und Begleitung der Betriebe. Auf der einen Seite gibt es Berufsfelder, gerade im Handwerk, bei denen es Fachkräftemangel gibt und die ausbilden wollen. Genau hier knüpft die Netzwerkarbeit an: Offene Ausbildungsstellen sollen an mögliche Auszubildende vermittelt werden. Ein weiterer Punkt ist dabei auch der Wissenstransfer. Viele kleine und mittelständische Ausbildungsbetriebe haben keine Ausbildungsabteilungen wie große Firmen und sind dadurch nicht in der Lage, alle Entwicklungen und für Sie hilfreichen Angebote wie die EQplus zu kennen.

Sie sind schon seit Beginn als Projekt-Koordinator für die Region Südhessen bei Wirtschaft integriert tätig. Was waren zu Beginn eure Herausforderungen in der Netzwerkarbeit?

Wir sind 2016 gestartet und haben zuerst geschaut, wo wir unser Klientel finden. In dieser Zeit waren das natürlich vor allem die Geflüchteten, die ab 2015 kamen. Am Anfang war es die erste Priorität, dass diese Menschen den Zugang zu uns finden, sodass sie mit einer Berufsausbildung für sich und für ihren Aufenthalt in Deutschland dauerhaft einen Mehrwert gewinnen. Wir haben dabei immer vermittelt: Eine Ausbildung ist für euch zukunftsträchtig und wir unterstützen euch auf dem Weg dorthin. Es war am Angang sehr wichtig, das in unsere Netzwerke einzubringen.

2016, da gab es ja eine große Bereitschaft von unterschiedlichen Akteuren, Menschen mit Fluchterfahrung zu unterstützen und da war es am Anfang auch eine große Priorität, Struktur in dieses zerstückelte Unterstützungsnetzwerk zu bringen. Wir waren anfangs überall aktiv. Die Früchte davon waren, dass Südhessen von Beginn an sehr erfolgreich bei der Umsetzung des Projektes waren, weil wir sehr schnell einen großen Bekanntheitsgrad erreichen konnten.

Wie hat sich die Netzwerkarbeit in den vergangenen Jahren weiter verändert?

In den letzten fünf Jahren hat sich die Landschaft sehr geändert, die Rahmenbedingungen und Netzwerke sind formalisierter und strukturierter geworden. Es sind viele Maßnahmen und Projekte entstanden und die Aufgabe in der Netzwerkarbeit ist nun, dass wir uns untereinander gut koordinieren, damit die Menschen, die einen Ausbildungsberuf erlernen möchten, die richtige Maßnahme finden und die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. Wir sind mit Wirtschaft integriert aus einem reinen Jugendprojekt hinausgewachsen, die Altersgrenze wurde aufgehoben, unsere Zielgruppe ist damit viel breiter und vielfältiger geworden.

Diesen sich veränderten Rahmenbedingungen haben wir uns angepasst und auch selbst passende Angebote geschaffen. So ist zum Beispiel unser südhessisches Format „Austauschcafé“ entstanden.

In Südhessenwerden im Rahmen von Wirtschaft integriert Netzwerktreffen für verschiedene Zielgruppen als „Austauschcafés“ angeboten. Wie ist dieses Format entstanden und was ist die Idee dahinter?

Wir haben mit einem Netzwerktreffen für Betriebe angefangen - Das hieß „Austauschcafé für Ausbildung“. Das wird mittlerweile organisatorisch von der Stadt im Rahmen der Ausbildungsoffensive weitergeführt und auch wir nehmen weiterhin als Kooperationspartner teil. Daran nehmen auch andere Träger und viele weitere Netzwerkpartner teil und in dieser großen Runde treffen wir uns zweimal im Jahr.

Für unsere Ausbildungsbetriebe bieten wir – sofern die Corona-Bestimmungen es zulassen –  inzwischen regelmäßig ein eigenes Netzwerktreffen an, in dem wir von unserer Arbeit berichten und wo sich die Ausbilder*innen untereinander austauschen können. Beispielsweise darüber, welche Alltagsprobleme die Zielgruppe mit sich bringt und welche Hilfestellungen wir dabei leisten können. Außerdem bieten wir Austauschrunden für die regionalen Netzwerkpartner wie Agenturen für Arbeit, Jobcenter, Kammern, Träger und andere Beteiligte an. Dort tauschen wir uns darüber aus, welche Entwicklungen in dem Bereich zu beobachten sind, welche Projekte und Angebote es gibt, wie wir unsere Kooperation strukturierter angehen und uns regional koordinieren, damit die Menschen den Weg zu den passenden Angeboten finden. Auch mit den Abteilungsleiter*innen der Beruflichen Schulen veranstalten wir regelmäßig einen solchen Austausch.

Was braucht es aus Ihrer Sicht für eine funktionierende Netzwerkarbeit?

Netzwerkarbeit muss ein Austausch auf Augenhöhe sein und muss für die Beteiligten auch einen Mehrwert für ihre tägliche Arbeit darstellen. Wenn es zu einer reinen „Werbeveranstaltung“ verkommt, dann geht auch der ganze Netzwerkcharakter verloren. Netzwerkarbeit funktioniert dann gut, wenn alle davon profitieren.

Ich fühle mich diesem Projekt [Wirtschaft integriert] sehr verbunden. Im April 2016 sind wir in Südhessen mit den ersten BOplus-Durchgängen gestartet. Da waren wir sehr viel unterwegs, auch an den Abenden. In irgendeiner Sammelunterkunft, in irgendwelchen Asylkreisen, Austauschrunden – ohne zu wissen, was da noch alles auf uns zukommt. Heute zu sehen, dass von diesen ersten Teilnehmenden viele ihre Ausbildung geschafft haben und mittlerweile in ihrem Ausbildungsberuf arbeiten, das ist natürlich toll.